Pionierleistung & Innovation: Persönlichkeiten
1871
"Die Reform des Rechnungswesens der Gothaer Lebensversicherungsbank" (Johannes Karup, 1903)
Die Grundlagen der modernen Versicherungsmathematik bei der Gothaer legt Johannes Karup (1854-1927), der seit 1871 den mathematischen Dienst der Lebensversicherung leitet. Er untersucht die Todesursachen der Versicherten sowie bestimmter Berufsgruppen, um die für die Lebensversicherung wichtige Frage nach der Lebenserwartung eines Menschen zu beantworten. Seine Erkenntnisse veröffentlicht er 1903 in seinem Hauptwerk "Die Reform des Rechnungswesens der Gothaer Lebensversicherungsbank", das auch von ihm entwickelte Sterbetafeln enthält. Sie lösen die seit 1827 bei der Gothaer eingesetzten englischen Sterbetafeln ab, die Arnoldi leicht modifiziert übernommen hatte. Außerdem gestaltet Karup die Beiträge und Überschussverteilung der Bank neu.
Für seine Verdienste um die Versicherungsmathematik wird Johannes Karup, der keine Universität besucht hatte, zum Ehrendoktor der Universität Jena ernannt sowie durch die Gothaische Regierung zum Professor.
1888
Auf Vorschlag ihres damaligen Generaldirektors Arwed Emminghaus schließt die Lebensversicherungsbank bereits 1888 das Kriegsrisiko in ihre Versicherungsbedingungen ein. Nur Berufssoldaten müssen einen Kriegszuschlag bezahlen. Das war eine Neuerung, gegen die sich andere Versicherungsgesellschaften zur Wehr setzten, bis das Reichsgericht schließlich die Rechtsgültigkeit der Regelung bestätigte.
Im Kriegsjahr 1914 wirbt der Vertreter Felix Kiewel aus Leipzig in einer Zeitungsannonce für Versicherungen der Gothaer Lebensversicherungsbank, die die Kriegsgefahr einschließen. Insgesamt zahlt die Gothaer für Kriegssterbefälle aus dem Ersten Weltkrieg rund 44,5 Millionen Mark aus.
1893
Georg Florschütz wird 1893 Bankarzt der Lebensversicherungsbank und gilt als Begründer der modernen Versicherungsmedizin. Er arbeitet im engen Austausch mit dem Leiter des mathematischen Dienstes Johannes Karup und prägt mit seinen Erkenntnissen die gesamte Lebensversicherungsbranche.
Professor Dr. Florschütz (1859-1940) verfasst das 1914 erschienene Lehrbuch "Allgemeine Lebensversicherungsmedizin", das Grundlage der Arbeit vieler Gesellschaftsärzte wird. Er baut die Methode zur Vorhersage der Lebenserwartung in der Lebensversicherung aus: Dafür stehen den Ärzten bislang nur Erkenntnisse zur Verfügung, die sie anhand der Krankheitsverläufe ihrer Patienten gewonnen haben. Florschütz macht aus diesem Ausleseverfahren eine methodisch-statistische Wissenschaft, entwickelt Begutachtungs- und Einstufungsmethoden. Nun kann man die Lebenserwartung und damit auch die Versicherbarkeit sowohl von gesunden als auch von kranken Menschen objektiv abschätzen.