Pionierleistung & Innovation: Das EDV-Zeitalter beginnt
1962
Das Versicherungsgeschäft wächst rasant infolge des wirtschaftlichen Aufschwungs in der Bundesrepublik. Bis 1969 steigen die Brutto-Beitragseinnahmen der Feuerversicherung auf über 234 Millionen DM und haben sich damit seit 1950 mehr als verzehnfacht.
Für die Verwaltung ist das moderne Massengeschäft eine Herausforderung. Den Versicherungsbestand der Gothaer Feuerversicherung speichert ab 1962 eine IBM 1401, ein Großrechner mit Magnetbändern als Speichermedium. Damit beginnt das Zeitalter der Elektronischen Datenverarbeitung (EDV).
Zunächst wird die Bearbeitung der Kraftverkehrsversicherung umgestellt, da es hier besonders häufig Änderungen gibt, für die das bestehende Lochkartensystem zu unflexibel ist.
Bereits in den 1950er Jahren hatte die Feuerversicherung damit begonnen, das Verfahren des Prämieneinzugs auszubauen. Dank der EDV stellt die Gothaer 1969 als erster Kompositversicherer um auf Zentralinkasso. Damit erhalten die Kunden ihre Beitragsrechnung samt Zahlkarte nicht länger vom Vertreter, sondern von der Generaldirektion in Köln aus.
1970/71
Zweieinhalb Jahre lang tüftelt die Mathematische Abteilung II der Gothaer in Göttingen an einer Innovation auf dem Lebensversicherungsmarkt: Als eines der ersten Unternehmen bringt die Gothaer 1970/71 die fondsgebundene Lebensversicherung heraus. "Fondsgebunden" bedeutet, dass die Höhe der Versicherungsleistung an die Wertentwicklung eines bestimmten Anlagefonds gekoppelt ist. Zunächst erlangt die Versicherung jedoch keine nennenswerte Bedeutung.
Die Lebensversicherer entwickeln zunehmend dynamische Produkte. Dazu gehört 1972 der "Gothaer Zuwachsplan", eine Versicherung mit flexibler Beitragszahlung, die sich den jeweiligen Bedürfnissen der Versicherten anpasst. Die Gothaer ist damit einer der Pioniere auf dem Markt.
1975
Fünf Programmierer bauen die Datenfernverarbeitung bei der Gothaer Versicherungsbank auf: Heribert Geller, Jürgen Lau, Hado Steinkuhle, Edwin Kistner und Burkard Bauer. Am 1. August 1975 nimmt die erste Datenfernverbindung des Unternehmens ihren Betrieb auf. Ferndatenleitungen der Bundespost verbinden fortan das Rechenzentrum der Generaldirektion in Köln mit den Buchhaltungsabteilungen der über Deutschland verteilten Zweigniederlassungen der Gothaer: zunächst Köln, es folgen Hamburg, Dortmund, Frankfurt, Nürnberg und Stuttgart. Die neuen technischen Möglichkeiten kommen zunächst im Rechnungswesen und in der Buchhaltung zum Einsatz.
Heute nutzt die Gothaer das Internet für einen modernen Versicherungsbetrieb, zum Beispiel für das Kundenportal Meine Gothaer, in dem Kunden ihre Verträge verwalten oder ihre Adresse etc. ändern können, oder für moderne Tarifrechner, über die Kunden ihre Versicherungen direkt online abschließen können oder für ein innovatives Gesundheits- und Versorgungsangebot, das es über eine App ermöglicht, rund um die Uhr Ärzte zu kontaktieren und Rezepte zu erhalten.
1986
Als ein "in die Zukunft weisendes Ereignis" beschreibt der Generaldirektor der Gothaer Versicherungsbank A. Wilhelm Klein eine neugegründete Partnerschaft mit der Berliner Bank. 1986 besiegeln Gothaer Versicherungsbank und Gothaer Lebensversicherung mit dem Vertrag "die erste große privatrechtliche Kooperation zwischen Bank und Versicherung".
Beide Partner erhoffen sich neue Kunden: die Gothaer durch den Vertrieb ihrer Versicherungen am Bankschalter, die Berliner Bank durch den Vertrieb ihrer Finanzdienstleistungen durch die Versicherung. Berliner und Gothaer entwickeln gemeinsame Produkte, zum Beispiel ein Autofahrerpaket, das Kredit, Leasingvertrag und Versicherungsschutz umfasst, und ein Immobilienpaket aus Hypothek, Bausparvertrag und Versicherungsschutz.
1994 wird die Berliner Bank in die neue landeseigene "Bankgesellschaft Berlin" eingegliedert, zu der zum Beispiel auch die Berliner Sparkasse gehört. Auch auf diese wird die Partnerschaft ausgedehnt, sodass die Versicherungsangebote der Sparkasse ebenfalls aus dem Hause Gothaer stammen.
2001 geht die Bankgesellschaft Berlin im "Berliner Bankenskandal" aufgrund desaströser illegaler Immobiliengeschäfte beinahe in Konkurs. Das belastet die Gothaer-Bilanz (die als Minderheitenaktionär 2,27 Prozent hält) zwar mit 300 Millionen Euro, spiele aber mit "knapp ein Prozent … für das Konzern-Ergebnis keine Rolle", so Konzern-Chef Dr. Wolfgang Peiner bei den Mitgliedervertreter-Versammlungen im Juni 2001. Die Kooperation mit der Bankgesellschaft Berlin will die Gothaer weiter ausbauen, wird 2004 vermeldet.
1990: Gemälde, Briefmarken, Fabergé-Eier - die Kunstversicherung