Ernst Wilhelm Arnoldi

Ernst Wilhelm Arnoldi

Von den Anfängen bis zur Feuerversicherung

Ernst Wilhelm Arnoldi (1778 - 1841), der als der größte Sohn seiner Heimatstadt Gotha verehrt wird, ist auch für die Gothaer die wichtigste Persönlichkeit. Denn er wird als Vater des deutschen Versicherungswesens bezeichnet. Ihm ist 1820 die Gründung der Feuerversicherungsbank und 1827 der Lebensversicherungsbank zu verdanken, aus denen die heutige Gothaer Versicherungsbank VVaG hervorging.

1778

"Wonnethränen im Wonnemond"

Geburt und Ausbildung von Ernst Wilhelm Arnoldi

"Am 21. Mai 1778 wurde ich ‚wohlgeboren‘, und das machte meinen Vater so glücklich, daß er, wie er oft erzählte, darüber Wonnethränen im Wonnemond vergossen hat."
Ernst Wilhelm Arnoldi

Ernst Wilhelm Arnoldi wird 1778 als ältester Sohn von neun Kindern des Gothaer Gewürz- und Kolonialwarenhändlers und Ratsherrn Ernst Friedrich Arnoldi und seiner Frau Sabine Elisabethe geboren, worüber der Vater "Wonnethränen" vergießt. Da der Vater vom Rektor seines Gymnasiums geprügelt worden war, lässt er Ernst Wilhelm von Privatlehrern unterrichten und nimmt ihn früh mit auf Geschäftsreisen und Messen, denn auch er soll Kaufmann werden. Mit 16 Jahren schickt er ihn zur Ausbildung nach Hamburg, zunächst zu einem Geschäftsfreund, dann zum bedeutenden Hamburger Handelshaus "Johann Gabe & Comp". Der Lehrling arbeitet von Montag bis Samstag von früh morgens bis abends um 10 Uhr im "Comptoir". Daneben nimmt er Unterricht in Schönschreiben, Rechnen, Französisch und Englisch. Außerdem besucht Arnoldi Vorlesungen des Handels- und Versicherungswissenschaftlers Johann Georg Büsch, der sich mit dem Gegenseitigkeitsgedanken im Versicherungswesen beschäftigt.

1799

"Leutselig, gefällig und einnehmend"

Arnoldis Anfänge als Kaufmann

"Mit Menschen aus allen Ständen hast du zu schaffen; so lernst du sie behandeln, wirst leutselig, gefällig und einnehmend; die Gewohnheit folgt, die Ungeduld verschwindet."
Ernst Wilhelm Arnoldi, "Sitten-Tafeln für den Handlungs-Lehrling"

Im Alter von 21 Jahren kehrt Ernst Wilhelm Arnoldi 1799 von Hamburg nach Gotha zurück und steigt in die Gewürz- und Kolonialwarenhandlung seines Vaters Ernst Friedrich Arnoldi ein. Hier verkauft er "was verlangt wurde, handelte mit den Bauern, welche an Markttagen zur Stadt kamen und kleine Partien Sämereien, Gewürz- und Farb-Pflanzen zum Verkaufe anboten, und besorgte die Zubereitung, Sortierung, Sammlung und Speicherung dieser Artikel zum Wiederverkauf". 1803 wird er Teilhaber. Die Arnoldis eröffnen 1804 eine Farbholzfabrik und gründen 1808 eine Steingutfabrik. 1813 überschreibt der Vater das Geschäft seinen vier Söhnen. Ernst Wilhelm übernimmt die Leitung. Der Einzel- und Großhandel "Ernst Arnoldi’s Söhne" gehört bald zu den größten Firmen Thüringens.

1818

"Das Geschäft deines Lehrherrn wie dein eigenes verwalten"

Arnoldi gründet die Gothaer Handels­schule

"Du mußt das dir anvertraute Geschäft deines Lehrherrn wie dein eigenes verwalten."
Ernst Wilhelm Arnoldi, "Sitten-Tafeln für den Handlungs-Lehrling"

1817 gehört Arnoldi zu den Gründern des "Verein der kaufmännischen Innungshalle" für alle Händler Gothas. Mit den anderen Kaufleuten diskutiert Arnoldi hier seine geschäftlichen und wirtschaftspolitischen Ideen, wie die einer deutschland­weiten Versicherung gegen Feuergefahren.
Es geht aber nicht nur um fachliche Informationen und den Gedankenaustausch, sondern auch um die Ausbildung des kauf­männischen Nachwuchses. Dafür gründet Arnoldi 1818 die erste berufsbegleitende Handels­schule in Deutschland. Ab dem 30. März 1818 lernen hier die ersten 54 Schüler Warenkunde, kaufmännisches Rechnen, kaufmännischen Briefwechsel, Deutsch, Französisch und Englisch, Buchhaltung, Handels­geografie, Geschichte und Naturkunde. Arnoldi verfasst für den Unterricht seine "Sitten-Tafeln für den Handlungs-Lehrling" mit den Arbeits- und Lebensnormen für Kaufleute. Ein wichtiger Grundsatz: "Du mußt das dir anvertraute Geschäft deines Lehrherrn wie dein eigenes verwalten."

1817/18

"Eine Vereinigung aller deutschen Fabriken und Manufakturen für gemeinschaftliche Zwecke"

Arnoldis große Idee

"Wenn durch eine Vereinigung aller deutschen Fabriken und Manufakturen für gemeinschaftliche Zwecke eine Versicherungsanstalt gegen Feuergefahr zustande käme, so würde der Überschuss der Prämien dem gemeinsamen Vaterlande und den Fabriken unter sich durch diese Anstalt erhalten sein."
Ernst Wilhelm Arnoldi, "Vorschlag zu einem Bunde unter den deutschen Fabriken"

Große Brandversicherungen gibt es Anfang des 19. Jahrhunderts nur im Ausland. Die Londoner Feuerversicherung "Phoenix" nutzt ihre Monopolstellung in Deutschland für hohe Beiträge und dürftige Leistungen. Als die "Phoenix" nach einem Brand in der Gothaer Tabakfabrik Bühner & Comp. die Zahlung verweigert, wollen Ernst Wilhelm Arnoldi und seine Kaufmannskollegen, die auch bei der "Phoenix" versichert sind, das nicht länger hinnehmen. Könnten die deutschen Fabriken und Manufakturen nicht gemeinsam eine Feuerversicherung gründen, deren Überschüsse wieder an die deutschen Eigentümer zurückflössen? Arnoldi präsentiert seine Überlegungen und Vorschläge den Gothaer Kaufleuten im "Verein der Innungshalle", wo sie diskutiert und weiterentwickelt werden.