Neue Technologien und CO2-Kompensation
"Neue Technologien und Effizienzsteigerungen lösen alle Probleme"
Das stimmt nur bedingt.
Mobilitätsforscher*innen betonen immer wieder die Notwendigkeit einer Mobilitätswende. Im Zentrum stehen dabei drei Strategien: Das Vermeiden von Verkehrsaufkommen, die Verlagerung des Verkehrs auf emissionsarme Transportmittel und das Verbessern von Verkehrsmitteln durch Effizienzsteigerungen der Antriebsarten oder der dafür benötigten Kraftstoffe sowie eine Erhöhung der Auslastung.
Obwohl in den letzten Jahren bereits erhebliche Effizienzsteigerungen erreicht wurden, kommt es immer wieder zu sogenannten Rebound-Effekten. Ein Beispiel:
Während ein VW-Käfer aus dem Jahr 1955 in etwa 7,5 Liter Kraftstoff pro 100 Kilometer verbraucht hat, waren es beim VW-Beetle aus dem Jahr 2005 noch immer 7,1 Liter. Die Gründe: Höheres Gewicht, größerer Komfort und höhere Maximalgeschwindigkeiten. Außerdem hat sich in Folge der Effizienzsteigerungen und der dadurch gesunkenen Preise das Verkehrsaufkommen erhöht.
Was meinen Sie: Wie haben sich die Gesamtemissionen des Verkehrs seit 1990 entwickelt?
Tatsächlich haben sich die Emissionen durch den Verkehrssektor seit 1990 bis heute kaum verändert. Selbst die Covid-Pandemie im Jahr 2020 hat die Verkehrsemissionen im Vergleich zum Vorjahr lediglich um zehn Prozent reduziert.mehr
Inwieweit neue Technologien bestehende Probleme tatsächlich lösen, ohne zu solchen Rebound-Effekten zu führen, hängt immer auch von der konkreten Umsetzung, dem Nutzerverhalten sowie den politischen Rahmenbedingungen ab. In jedem Fall braucht es eine Betrachtung aller Mobilitätsformen, weit über das private Auto hinaus. Neue Antriebsarten wie die E-Mobilität können die CO2-Emissionen zwar deutlich reduzieren, sind jedoch keineswegs klimaneutral (z. B. Ressourcenverbrauch für die Herstellung der Batterien). Staus in Folge eines hohen Verkehrsaufkommens, Verkehrsunfälle sowie bestehende soziale Ungerechtigkeiten in der Verkehrsinfrastruktur können durch einen einfachen Austausch von Verbrennern mit E-Autos ebenfalls nicht gelöst werden.
"Durch CO2-Kompensation werden sogar Flüge umweltfreundlich"
Das stimmt nur bedingt.
Immer mehr Fluggesellschaften werben mit einer "Neutralisierung" der CO2-Emissionen ihrer Flüge. Die Idee ist dabei grundsätzlich richtig: Gesellschaftliche Kosten, die bislang nicht in den Preis einkalkuliert wurden, werden transparent gemacht. Die Ausgestaltung der Kompensationsmechanismen variiert in der Praxis allerdings stark und sorgt immer wieder für Kritik.
Der größte Kritikpunkt ist, dass eine Kompensation nur zu einer (dringend benötigten) Vermeidung von Emissionen anregt, sofern der Preis entsprechend hoch ist. Ansonsten kommt es zu sogenannten Rebound-Effekten: Verbraucher*innen erhalten durch die Kompensation das Gefühl, umweltfreundlich zu reisen und fliegen deshalb häufiger - die Emissionen steigen.
Die Kosten einer Tonne CO2 sind dabei durchaus schwer zu beziffern. Eine Studie des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) aus dem Jahr 2020 schätzt die wirtschaftlichen Kosten einer Tonne CO2 auf 76 - 148 Euro. Betrachtet werden in der Studie jedoch lediglich "[...] die unmittelbaren Folgen des Temperaturanstiegs, nicht die Schäden durch Extremwetter-Ereignisse oder Meeresspiegel-Anstieg [und] nur ökonomische Schäden – außen vor bleibt auch, dass der Klimawandel Ökosysteme zerstört, die Biodiversität vermindert und die Wahrscheinlichkeit von gewaltsamen Konflikten erhöht.“mehr
Würde man diese Kosten ebenfalls einkalkulieren, lägen die Flugpreise weit über den bisherigen Ticketpreisen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Der Preis eines Hin- und Rückfluges von Köln nach New York kostet ca. 400 Euro. Hinzu kommen bei ca. 2,5 Tonnen CO2-Ausstoß wirtschaftliche Kosten in Höhe von 190 - 370 Euro. Soziale und ökologische Kosten wurden in dieser Rechnung bisher nicht betrachtet. Tabelle